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EU-Taxonomie und nachhaltige Finanzierung: Zeit zu handeln!

Die EU-Taxonomie wird europäische Finanzinstitute und Unternehmen verpflichten, die ökologische Nachhaltigkeit ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten nachzuweisen. Es ist höchste Zeit, sich darauf einzustellen. Erfahren Sie hier, was die neue Taxonomie umfasst - und warum sie kein lästiges Übel ist, sondern durchaus Vorteile birgt.

Im Englischen gibt es eine schöne Redewendung: “Put your money where your mouth is”. Heißt so viel wie: edle Absichten muss man auch in die Tat umsetzen. Wenn wir von den Klimazielen der Europäischen Union sprechen, sollte man es jetzt noch wörtlicher nehmen: Geld muss in das investiert werden, wovon alle viel reden: Klima- und Umweltschutz.

Die EU hat sich mit dem Green Deal im Rahmen des Europäischen Klimapakts ambitionierte Klimaziele gesetzt. Bis 2050 will sie die erste klimaneutrale Industrieregion der Welt sein. Daraus wird jedoch nichts ohne erhebliche Anstrengungen von Staaten und Unternehmen gleichermaßen - auch finanzieller Art. Deshalb gilt ab jetzt EU-weit: Reden müssen Taten folgen.

Der European Green Deal Investment Plan soll öffentliche Investitionen mobilisieren und durch die Finanzinstrumente der EU private Mittel freisetzen, so dass Investitionen in Höhe von mindestens 1 Billion Euro in den Sustainable Change möglich sein werden.

Damit dieses Geld auch im Sinne des Europäischen Klimapakts investiert wird, hat die EU-Kommission als Teil ihres Aktionsplans für nachhaltige Finanzen vorgeschlagen, Regelungen und Definitionen festzulegen. Was macht nachhaltige Investments aus? Nicht immer ist Nachhaltigkeit oder Sustainable Development allgemeingültig definiert. So entstand die “EU Taxonomy”, die 2020 verabschiedet wurde.


Was ist die EU-Taxonomie?

Die Taxonomie ist ein EU-Klassifizierungssystem für nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten. Sie dient der Einordnung, welche Finanzprodukte und Investitionen einen tatsächlichen Beitrag zum Erreichen von Umweltzielen wie dem Klimaschutz leisten und als nachhaltig gelten dürfen. Sie bildet einen regulatorischen Rahmen und umfasst neben sozialen Aspekten sechs ökologische Ziele (siehe unten). Ausgearbeitet wurde dieser Katalog von der Technical Expert Group for Sustainable Finance (TEG).

Die EU Taxonomie ist der erste einheitliche Standard, der es Wirtschaftsparteien ermöglicht, Sustainable Development und die Transformation zu kohlenstoffarmen, resilienten und nachhaltigen Unternehmen im Sinne des Europäischen Grünen Deals voranzutreiben. Die Vorteile liegen auf der Hand: Sie schafft ein gemeinsames Verständnis dafür, welche wirtschaftlichen Aktivitäten in der gesamten EU als ökologisch nachhaltig gelten, belohnt Investitionen in nachhaltige Aktivitäten mit mehr Sichtbarkeit und hilft, „Greenwashing“ zu verhindern.

Die ersten Richtlinien der EU Taxonomie treten bereits bis Ende 2021 in Kraft, alle weiteren im Laufe des Jahres 2022. Die Branche ist unter Druck!

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Wen betrifft die EU-Taxonomie?

Die EU Taxonomy Regulation verlangt sowohl von Banken als auch von Unternehmen außerhalb des Finanzsektors, die eine Erklärung gemäß der Non-Financial Reporting Disclosure (NFRD)-Verordnung abgeben müssen, einen Nachweis über die Nachhaltigkeit ihrer Investments in den Bereichen Landwirtschaft, Produktion, Energie, Mobilität, Kommunikation oder auch Immobilien. Im Gebäudebereich wird dabei unterschieden zwischen Investitionen in Neubauten, Sanierungen oder den Erwerb von bestehenden Gebäuden.

Welche Kriterien setzte die EU-Taxonomie an?

Die Taxonomie-Regularien umfassen soziale Aspekte ebenso wie sechs sehr konkrete ökologische Ziele:

  1. Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
  2. Übergang zur Kreislaufwirtschaft
  3. Prävention und Kontrolle von Umweltverschmutzung
  4. Schutz und Wiederherstellung von biologischer Vielfalt und Ökosystemen
  5. Verlangsamung des Klimawandels
  6. Anpassung an die Folgen des Klimawandels

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Auf den beiden letztgenannten Punkten liegt derzeit das meiste Gewicht. Das zeigt sich auch daran, dass hier bereits bis Januar 2022 Nachweise darüber erforderlich werden, ob ein Finanz- und Non-Finance Unternehmen die Richtlinien erfüllt oder nicht. Naturkatastrophen der jüngsten Vergangenheit, Starkregen und Überschwemmungen ebenso wie Hitzewellen und Brände, haben mehr als deutlich gemacht, wie wichtig Risikominderung (Risk Mitigation) und Resilienz in Bezug auf die dramatischen Folgen des Klimawandels sein können. 

Um die EU-Taxonomie zu erfüllen, müssen Unternehmen:

  • Einen wesentlichen Beitrag zu einem oder mehreren der sechs Umweltziele (siehe oben) leisten.
  • Den anderen ökologischen Zielen keinen wesentlichen Schaden zufügen.
  • Die Mindeststandards der sozialen Sicherheit erfüllen.

Nachhaltige Finanzen: Datensammlung über Umwelteinflüsse der Wirtschaft als Grundlage zur Klassifizierung. Ramboll unterstützte die EU bei der Entwicklung der Taxonomie, indem die Einflüsse der verschiedensten Wirtschaftszweige auf Wasser, Kreislaufwirtschaft, Umweltverschmutzung und Ökosysteme untersucht und systematisch dargestellt wurden. Hier geht es zu mehr Infos und den Ergebnissen.

Wie genau wird bei der EU-Taxonomie gemessen?

Unternehmen müssen zeigen, inwieweit ihre Finanzkennzahlen mit den Kriterien der Taxonomie übereinstimmen. Das Ergebnis wird als Prozentsatz des Gesamtumsatzes oder der Gesamteinnahmen angegeben, die aus den entsprechenden wirtschaftlichen Aktivitäten abgeleitet werden.

Der erste Schritt in diesem Prozess besteht also darin, Aktivitäten zu identifizieren, die für ein Screening in Frage kommen, wie zum Beispiel der Bau von Gebäuden. Sobald der Umsatz für jede der Aktivitäten identifiziert ist, werden die förderfähigen Aktivitäten anhand der technischen Screening-Kriterien überprüft. Das Screening basiert auf Metriken und Schwellenwerten.

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Branchenspezifische Kritik an der EU-Taxonomie

Genau hier sehen Kritiker aber noch Probleme: Nicht immer sind alle notwendigen Daten verfügbar. Der Aufwand der Nachweisführung kann je nach Fall extrem hoch sein. Das war das Ergebnis einer Studie, die die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V. gemeinsam mit Partnern aus Dänemark, Österreich und Spanien durchgeführt hat. 

Von 62 Immobilien-Projekten konnte nur eines eine vollständige Taxonomie-Konformität nachweisen. “Während über die Hälfte im Neubau die Anforderungen zu mehr als zwei Drittel erfüllten, gelang dies im Bereich ‘Erwerb und Eigentum’ weniger als 15 Prozent”, heißt es im Bericht zur Studie. 

”Insbesondere das Kriterium ‘Climate Change Mitigation’ sorgte für Probleme. Mit Blick auf die inhaltlichen Anforderungen war über alle Gebäude hinweg das Kriterium "Climate Change Adaptation" am schwierigsten zu erfüllen.” Fachleute fordern deshalb, die EU-Kommission möge insbesondere bei der Formulierung einzelner Kriterien nach einem “Reality-Check” nachbessern.

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Warum Sie sich dringend mit der EU-Taxonomie beschäftigen sollten

Nachhaltigkeit wird zum wesentlichen Erfolgsfaktor für Unternehmen. Dabei ist es dringend notwendig, Transparenz über Investitionen in Projekte und Wirtschaftstätigkeiten zu schaffen, die sich positiv auf Klima und Umwelt auswirken. Sowohl für Anleger, als auch Unternehmen. Die EU-Taxonomie ist nicht einfach ein notwendiges Übel - sie kann zukunftsorientierten Unternehmen echte Wettbewerbsvorteile bringen. 

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  • Compliance: Die EU-Taxonomie wird für viele europäische Firmen im Rahmen der EU-Strategie Nachhaltigkeit obligatorisch sein. Wer Finanzprodukte anbietet oder unter die NFRD fällt, muss seiner Pflicht nachkommen.
  • Reputation und Risikomanagement: Die Taxonomie kann Klarheit schaffen und vor „Greenwashing“-Vorwürfen schützen. Sobald ein Unternehmen seine Ausrichtung auf die Screening-Kriterien hin offenlegt, gibt es detaillierte Einblicke in tatsächliche Umweltauswirkungen und die nachhaltige Leistung seiner wirtschaftlichen Aktivitäten.
  • Zugang zu frischem Geld: Wer die Auflagen der EU-Taxonomie erfüllt, bietet Sichtbarkeit und Transparenz. Das lockt Investoren, die es in Sachen Nachhaltigkeit und Transformation ernst meinen und einen positiven Impact auf die Umwelt wollen.
  • Bewertung und Kommunikation nachhaltiger Auswirkungen des eigenen  Handelns: Durch die Bewertung wirtschaftlicher Aktivitäten mit den Best-Practice-Maßstäben der Taxonomie erlangen Unternehmen ein besseres Verständnis darüber, wie nachhaltig das, was sie tun, wirklich ist. Welchen Impact sie haben. Diese Bewertung ermöglicht ihnen, sich mit den Besten zu vergleichen und zu sehen, wo noch mehr Potenzial liegt.
  • Resilienzfähigkeit: Der Schlüssel zur Zukunftssicherheit eines Unternehmens ist Resilienz. Durch den verbrieften Nachweis der Bereitschaft zur Anpassung und Veränderung oder bereits getroffene Maßnahmen wird eine gewisse Unsicherheit gemildert. Dies kann den Gesamtwert des Unternehmens erhöhen.

Nun mag der erste Impuls zwar immer sein: Bitte nicht noch mehr Regularien - doch im Fall der EU-Taxonomie ist es ratsam, diesen schnell zu überwinden und sich zügig auf das Thema einzulassen.

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